10. Aachener Qualitätsgespräche: Kunden begeistern, Krisen effizient meistern

Produktrückrufe und Feldaktionen deutscher Unternehmen sind in der jüngsten Vergangenheit verstärkt ins Blickfeld der Öffentlichkeit gelangt. Immer häufiger schreiben sogar produzierende Unternehmen, die sich höchste Qualität zum Ziel gesetzt haben, negative Schlagzeilen. Zum zehnjährigen Jubiläum der „Aachener Qualitätsgespräche“ am 15. und 16. Mai 2006 folgten daher rund 60 Teilnehmer namhafter deutscher Unternehmen dem Ruf des Laboratoriums für Werkzeugmaschinen und Betriebslehre (WZL) der RWTH Aachen und des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT, um im grenznahen Kasteel Vaalsbroek (Vaals/NL) unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Robert Schmitt innovative und praxiserprobte Ansätze des Qualitätsmanagements zu diskutieren. Ziel der zweitägigen Veranstaltung war es nicht nur, Risiken bei der Entwicklung neuer Produkte aufzuzeigen und zu minimieren, sondern auch Wege zu finden, mit denen Feldaktionen effizient durchgeführt werden können.

Den Auftakt der „10. Aachener Qualitätsgespräche“ bildete ein Vortrag von Dr. Ekkehard D. Schulz, Vorstandsvorsitzender der ThyssenKrupp AG, zum Thema „Innovation und Qualität made by ThyssenKrupp“. Innovative Produkte und Prozesse sowie hohe Qualitätsstandards werden auch in den nächsten Jahren entscheidend sein, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Dem stehen ein geringes Technikinteresse in der Öffentlichkeit sowie der zunehmende internationale Konsolidierungsdruck in der Stahlindustrie gegenüber, so Dr. Schulz. ThyssenKrupp begegnet diesen Herausforderungen aktiv, indem sich der Konzern in zahlreichen Initiativen für ein höheres Technikinteresse und eine Stärkung der technischen Ausbildung in Schulen und Hochschulen einsetzt. Prof. Dr.-Ing. Robert Schmitt griff diesen Spannungsbogen auf und beschrieb die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Risikomanagements, das sich von der Produktentwicklung über die Felddatenrückführung bis hin zu der Einbindung von Lieferanten erstreckt.

Frühzeitig Fehler vermeiden

Bereits in den frühen Phasen des Produktentstehungsprozesses setzt „Mizenboushi“, ein innovatives Konzept aus Japan, ein und unterstützt Unternehmen im Umgang mit Änderungen. Daniel Krippner (WZL der RWTH Aachen) und Stefan Rautenhaus (Visteon GmbH) stellten diesen von Dr. Tatsuhiko Yoshimura bei Toyota entwickelten und dort bereits erfolgreich angewandten Ansatz vor. Das Konzept setzt sich aus den drei Phasen des so genannten GD³ zusammen: „Good Design“, „Good Discussion“ und „Good Dissection“. Dabei werden verschiedene etablierte Werkzeuge des Qualitätsmanagements miteinander systematisch verbunden. Dazu zählt die Methode des „Design Review Based on Failure Mode“ (DRBFM) ebenso wie die „Fault Tree Analysis“ (FTA) und das „Design Review“ (DR). Fehlerquellen, die aus Änderungen in der Konstruktion, der Umsetzung von Kundenforderungen, Innovativen oder neu eingesetzten Technologien resultieren können, lassen sich so identifizieren und vermeiden. Das Mizenboushi-Konzept beruht auf einem strukturierten Vorgehen, das auf bereits entwickelte und erprobte Systemkomponenten zurückgreift, um sich auf die wesentlichen Produktänderungen zu konzentrieren.

Auch Rückrufaktionen professionell abwickeln

Ein Unternehmen muss jedoch trotz aller präventiven Maßnahmen auch für Feldaktionen wie Produktrückrufe gewappnet sein. Solche Aktionen können – sofern sie unstrukturiert ablaufen – durchaus den wirtschaftlichen Ruin eines Unternehmens bedeuten. „Um den Umgang mit solchen Feldaktionen zu erleichtern, bedarf es in den Unternehmen intern standardisierter Prozesse“, so Torsten Grundmann (Fraunhofer IPT). Denn erst klar definierte und gelebte Prozesse erlauben es, selbst bei Produktrückrufen eine hohe Qualität zu beweisen. Unternehmensintern standardisierte Vorgehensweisen verringern etwa die Reaktionszeiten und damit auch Kosten. Alexander Nase (Ricardo Strategic Consulting) gab zu bedenken, dass nur so eine reibungslose Abwicklung der Aktionen gewährleistet werden kann. Nur indem das Unternehmen dem Kunden einen professionellen Umgang mit einer Krise demonstriert, lässt sich ein nachhaltiger Imageschaden abwehren. Doch nicht nur aus ökonomischer, sondern auch aus juristischer Sicht sind solche Abläufe von entscheidender Bedeutung: Ein Beispiel bietet das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG), das 2004 in Kraft getreten ist und von Unternehmen explizit ein Rückrufmanagement fordert. Noch weiter reichende regulatorische Forderungen führte Dr. Ulrich Viethen (Siemens AG) aus dem Umfeld der Medizintechnik an.

Erfolgsfaktoren für den globalen Einkauf

Unter dem Titel „Global Sourcing in Low Cost Markets – Risiken erkennen und beherrschen“ präsentierten Josip T. Tomasevic und Hans-Dirk Willeke schließlich die internationalen Einkaufsinitiativen des ostwestfälischen Landmaschinenherstellers CLAAS KGaA mbH. In ihrem Beitrag spannten sie den Bogen von der Auswahl geeigneter Produkte und Lieferanten über die Lösung logistischer Herausforderungen bis hin zur organisatorischen Absicherung zukünftiger Optimierungspotenziale. Als wichtigste Erfolgsfaktoren stellten sie dabei die vollständige Integration der Global-Sourcing-Aktivitäten in die Unternehmensstrategie, die funktionsübergreifende Projektorganisation und -zielsetzung sowie die ausgeprägte Kommunikation und Information als Basis des erforderlichen Change Managements heraus.

Aufgrund der positiven Resonanz der Teilnehmer wird die Tradition der „Aachener Qualitätsgespräche“ auch im kommenden Jahr am 12. und 13. Juni 2007 fortgeführt.

Quelle: R. Schmitt/J. Kukolja/S. Krause; Informationsdienst Wissenschaft (idw)

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Solve : *
30 + 16 =